Geburtstagsrede für Dr. Sr. Lea Ackermann

Am 23. Juli 2022 in Hirzenach

Du hast Deinen Geburtstag auf heute verschoben liebe Lea. Es war zu viel los: Corona, der Krieg in der Ukraine und vor allem auch: die neue Stiftung. Deine neue Stiftung. Die jetzt endlich auch Deinen Namen trägt.
Du hast mich gebeten ein paar Worte zu sagen, heute hier in Deiner Kirche in Hirzenach. Und um Dich ein wenig besser zu skizzieren, will ich auch gleich mit einem persönlichen Erlebnis beginnen.

Solwodi, Deine Stiftung und Erfindung, wolltest Du aus Altersgründen in neue, jüngere Hände übergeben. Ehrlich, ich habe Dir immer gesagt: lass das, mach das, so lange Du denken, handeln und leben kannst. Es ist so sehr DEINES. Aber nein, Lea wollte bei Solwodi raus. Aber nicht in eine ruhige Zeit hinein geleiten. Oh nein, eine neue Stiftung musste es sein. Und wieder, ganz ehrlich, habe ich Dir gesagt: erspar Dir das, die ganze Arbeit, den ganzen Stress. Jetzt genieße die Zeit.

Aber wieder, ganz typisch Lea: die Stiftung wurde gegründet, sie heißt jetzt Lea-Ackermann-Stiftung und kümmert sich um Kinder in Not. Weltweit, vor allem aber, Sie ahnen es, in Afrika. Aber jetzt ist die Stiftung auch für ukrainische Kinder, für Kinder im Ahrtal, deren Kindergarten davongeschwemmt wurde. Lea beschaffte das Stiftungs-Kapital, nahm stolz die Stiftungsurkunde vom XXXX entgegen und jetzt gibt es auch eine website, auf der alles steht, um was es der Stiftung und dem Vorstand geht.

Das ist aber nur eine kleine, neuere Geschichte aus dem reichen, bewegten, spannenden Leben der Lea Ackermann. Eine gelernte Bankkauffrau( deshalb passt sie auch so gut auf das Geld ihrer Stiftung auf),die promovierte Nonne und stets auch eine Kämpferin. Mit so viel Mut, und hin und wieder auch richtig viel Wut. Beides zusammen ist es wohl, was ihren Weg bestimmt hat. Der Mut, anzupacken, da wo sie Unrecht sieht. Dazu ihre Angstfreiheit, weder vor den Oberen in der Kirche noch in der Politik. XXXX Jahre Solwodi, solidarity with women in distress. Und jetzt die Kinder in Not.

Werfen wir gemeinsam in ihrem 85. Geburtstagsjahr einen Blick zurück. Wie wurde Lea die, die sie heute ist? So gerne zitiert sie den Vater: “Mach was Ordentliches“, hat er ihr ans Herz gelegt. So absolvierte die Tochter des bodenständigen Bauunternehmers eine Banklehre. Nicht ahnend, wie oft sie in ihrem Leben später genau nachrechnen muss, mit knappesten Finanzlagen auskommen soll um so die Aufgaben ihrer Stiftungen zu erfüllen. Nach einem ersten Bankjahr schickt die Leitung sie nach Paris. Das gefällt ihr, wo sie doch schon immer hinaus in die Welt wollte.

Wie nun landet eine junge attraktive Frau nach einer abgeschlossenen Lehre in einem Orden? Wie passt das zusammen? Gab es eine Erleuchtung? Ein ganz besonderes Erlebnis? Nein, eher das Gegenteil. Sie erzählt die Geschichte auch gerne selbst: nach einer durchtanzten Nacht mit den Bankkollegen landet sie wie durch Zufall in einem etwas derangierten Kleidchen und feschen Schuhen mit Absatz in Trier vor den Toren des Ordens „Unserer lieben Frau von Afrika“. Gibt es Zufälle, wohl eher nicht.

Denn jetzt ist sich Lea sicher: das ist es, hier die weite Welt, dort Gott. Aufgabe und Glück zugleich.
Die Eltern? Das ahnen Sie sicher, die sind alles andere als froh über diese neuen Ideen ihrer Tochter. Aber: gemeinsam liefern sie Lea an der Klosterpforte ab. Sie prüft sich ab jetzt dort zwei Jahre. Legt nach weiteren acht Jahren die ewigen Gelübde ab. Und bis heute ist sie vor allem: Nonne. Nicht eine ehemalige, nein. Immer noch und unverbrüchlich.

23 Bücher sind seitdem von ihr und mit ihr geschrieben worden. Nur einige Titel hier : „Damit Frauen in Würde leben können“,“Über Gott und die Welt, Gespräche am Küchentisch“, mit dem langjährigen Lebensfreund Pfarrer Fritz Köster, „Die Frau nach Katalog-Frauenhandel und Sextourismus und was eine couragierte Nonne dagegen tut“, und dabei immer über allem schwebend der schöne Buchtitel: “Um Gottes Willen, Lea“, das Buch, das zusammen mit Cornelia Filter erschienen ist.

Gepaart mit ihrem Mut und ihrer Wut kommt ein unglaubliches Beharrungsvermögen, die Durchsetzungskraft, die es braucht, wenn man nicht aufgeben mag. Und, meine persönliche Erfahrung: keiner kann ihr was abschlagen. Keiner, der dieser kämpferischen Nonne je begegnet ist.
Davon kann auch der ehemalige Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller ein Lied singen. Er hatte wohl auch immer ein offenes Ohr für die Anliegen von Lea. Und überreichte ihr 2019 die „Eine-Welt-Medaille in Gold“ für ihr Lebenswerk. Für ihren , so der Minister, stets entschlossenen Einsatz für Frauen und Gleichberechtigung sowie für ihr herausragendes Engagement gegen Prostitution und Menschenhandel.“

Hier, in dieser Kirche hat der Lebensfreund Pater Fritz Köster Sonntag für Sonntag immer mehr Menschen angelockt, als Platz war. Und Lea findet hier oben, nach seinem Tod, über dem Pfarrhaus immer wieder ein wenig Zeit, um zu ihrem Gott zu beten. Wenn in der Solwodi-Zeit wieder mal in Mombasa nichts richtig läuft, wenn sich ein Staatsanwalt quer stellt und den Zeugenschutz für eine ihrer Flüchtlingsfrauen verweigert. Oder jetzt aktuell, wenn Jojo der Ziehsohn, mit anderen sich an die ukrainische Grenze aufmacht, um Lebensmittel zu überbringen und geflüchtete Familien mit hier her nach Deutschland zu holen. Da stiftet dann Leas neue Stiftung die Kosten für den großen Mietwagen.

Wie sie betet, wird sie auch oft in Interviews gefragt. Für Lea ist das ganz einfach: sie will Kontakt mit Gott aufnehmen. Versucht, ihm Nahe zu sein. Das sehr oft an ungewöhnlichen Plätzen: beim Einkaufen im Supermarkt, auf Spaziergängen, beim Autofahren oder auf Wallfahrten. Alle Probleme, die Lea bewegen, trägt sie Gott vor. Sie bittet ihn, ihr und anderen zu helfen. Und, ganz wichtig: sie bedankt sich, wenn er geholfen hat. Und der liebe Gott hat Lea in ihrem Leben wohl oft geholfen…wenn wir heute mal gemeinsam auf das Lebenswerk dieser kämpferischen Nonne zurück blicken. Sie pflegt dann so schlicht zu formulieren.“ Zu Gott beten ist Liebe“. Wer will da zweifeln?

In diesem Sinne: alle guten Wünsche liebe Lea zu Deinem 85. Lebensjahr. Ich danke Dir für Deine immerwährende Freundschaft, Dein stetes Mitfühlen als Freundin und Mitkämpferin bei den Themen, die uns verbinden: das Unrecht, das weltweit Frauen und Mädchen widerfährt, die Hoffnung auf mehr Frauen in unserer katholischen Kirche, und jetzt auch die Not der Kinder weltweit. Das alles liegt Dir- und mir auch- am Herzen.