Dramatische Situation auf der schönen Sonneninsel
Bisher ist der Februar für die Ibizenkos immer die schönste Zeit im Jahr gewesen: Tausende Mandelbäume blühen in hellem Weiß oder zartem Rosa. Doch in diesem Jahr herrscht Angst: die Covid19-Zahlen sind mit einem aktuellen Inzidenzwert von 649 dramatisch hoch, die Regierung hat die Insel komplett abgeriegelt. Keine Flugzeuge mehr, keine Schiffe, nur noch lebensnotwendige Transporte sind erlaubt. Alle Cafes und Restaurants sind geschlossen, nur kleinere Geschäfte unter 400 Quadratmetern dürfen etwas verkaufen. Es herrscht Ausgangssperre von 22 bis 6 Uhr morgens. Keine Kontakte mehr mit Menschen aus einem fremden Haushalt sind möglich.
Gustavo Gomez, der Koordinator bei Caritas:“ Bei uns stehen täglich vor dem Haus über 100 Menschen für Lebensmittel an, es ist wirklich bitter. Insgesamt brauchen mehr als 4000 Menschen Unterstützung. Viele hungern. “Allein die Caritas hat bisher 80 000 Kilo an Lebensmitteln verteilt.
Ich habe mit einigen am frühen Morgen in der Schlange gesprochen. Sie mögen nicht gerne erzählen, viele wenden sich schamhaft ab. Die meisten kommen seit dem Herbst jede Woche, einige nur alle zwei Wochen, wenn sie weiter weg wohnen. Da ist ein DJ genauso dabei, wie die Mutter von zwei Kindern, die sonst im Sommer in einem Restaurant gearbeitet hat. Oder der Vater, der seinen Kiosk schließen musste, weil keine Touristen mehr auf der Insel sind. Covid19 trifft die 152 000 Ibizenkos mit voller Wucht. Stufe 4 auf Ibiza, das hat es seit einem Jahrhundert nicht mehr gegeben.
In Can Misses, dem großen Krankenhaus der Insel, liegen aktuell 136 Patienten mit einer Covid19-Infektion. Dazu 20 auf der Intensivstation. Insgesamt sind 3894 Menschen auf der Insel infiziert. Am vergangenen Donnerstag titelte die Tageszeitung „Diario de Ibiza“ : „Fünf Tote - ein schwarzer Tag auf Ibiza“. Allesamt waren zwischen 70 und 89 Jahre alt.
Dabei ist auch etwa ein Drittel des medizinischen Personals infiziert und musste in Quarantäne. Mallorca schickte darum diese Woche Hilfe: Krankenschwestern, Pfleger und Ärzte helfen auf der Nachbarinsel aus.
Insgesamt aber wird es besser werden, das glaubt jedenfalls Juan Miquel Costa, der Tourismus-Direktor. Die Inzidenz-Werte sind von über 1000 Infizierten bei 100 000 im Januar jetzt immerhin auf 649 gesunken. (Deutschland freut sich über einen Wert unter 100).“ Wir hoffen auf den Mai, dass dann wieder Touristen kommen können. Jetzt sind wirklich strenge Kontrollen am Flughafen und in den Häfen auf der Insel angesagt damit wir bald wieder Luft holen können“, sagt der Tourismus-Chef. Denn die Sonneninsel Ibiza lebt vom Tourismus. Die Menschen arbeiten hart in den Sommermonaten, um dann im Winter Rücklagen zu haben. Die sind jetzt bei vielen nach den 11 Monaten Corona aufgebraucht. Die registrierte Arbeitslosigkeit liegt bei fast 50 Prozent. Der spanische Staat ist aber alles andere als großzügig. So hat die Inselregierung jetzt beschlossen den kleinen Unternehmen und auch den Selbständigen für drei Monate 1500 Euro auszuzahlen.
Seit 16 Jahren ist die Deutsche Denise Klischan Rechtsanwältin und derzeit Präsidentin des Rotary-Clubs auf Ibiza. Zusammen mit anderen Hilfsorganisationen startete sie eine Aktion mit „Food-Boxes“: Lebensmittel, Hygieneartikel, pro Box für 27 Euro Spende. Vor Weihnachten haben viele geholfen, vor allem die „carritos solidarios“, die „solidarischen Kisten“ sind bis heute ein großer Erfolg. Sie stehen in allen Supermärkten und jeder, der was abgeben kann, füllt sie auf. „Die Solidarität unter den Menschen hier auf der Insel ist großartig, auch die ausländischen Nicht-Residenten helfen wo es geht“, erzählt mir Denise Klischan zufrieden.
Die Menschen auf der Insel zeigen sich nicht nur untereinander solidarisch. Ich stelle überall fest, dass sie auch die Zuverlässigsten beim Maskentragen sind. Selbst an einsamen langen Stränden tragen sie die “mascarilla“, auch auf schmalen, anstrengenden Bergpfaden setzen sie sie nicht ab. Aber alle sagen sehr freundlich dahinter „Hola“, oder „Buon Dia“. In den Dörfern und in der Stadt Ibiza ist die Maske sowieso Pflicht. 100 Euro Strafe, wer keine trägt.
Wen ich auch getroffen habe zu einem Gespräch mit entsprechendem Abstand- alle hoffen jetzt auf den Sommer. Daß er wieder so wie früher werden möge. Daß die Touristen kommen und wieder Geld auf der Insel lassen. Damit der nächste Winter mit den zauberhaften Mandelblüten auf der ganzen Insel wieder alle Ibizenkos glücklich macht.