aus dem Jägerwinkel
Liebe Freundinnen, liebe Freunde,
nachdem sich so viele von euch so lieb gekümmert und sich um mich gesorgt haben, nutze ich die Zeit meiner Reha hier im Sanatorium Jägerwinkel am Tegernsee um Bericht zu erstatten. Über das, was war seit meiner zweiten Gehirntumor-Operation im April 2021 so alles passiert ist. Über das, was jetzt so ist (frisch operierte neue Hüfte) und über das was kommt.( Vielleicht im Sommer ein neues Domizil in Trenthof bei Reinfeld).
Diese zweite OP habe ich ja erstaunlich gut weggesteckt, besser als die erste 2017. Diesmal kein Gang-Schwindel, keine Schwäche. Obwohl der Operateur, wieder Professor Westphal im UKE Hamburg, meinte, man solle unbedingt „nachbestrahlen“. Weil er bei den beiden neuen Tumoren nicht alles wegoperieren konnte. Zu gefährlich. Also habe ich Termine bei Prof. Debus in Heidelberg an der Strahlenklinik ausgemacht. Dort war ich ja schon mal. Das kenne ich- leider. November war angedacht.
Vorher aber noch ein zauberhafter 75.Geburtstag auf unser Lieblingsinsel Ibiza, mit den Kindern Florian und Poldi, und den Enkeln Melanie und Michael, und mit den Freunden der Insel. Im Herbst dann nochmal acht Vorlesungen a vier Stunden „Frauen, Krieg, Gewalt und Flucht- und die mediale Darstellung“ an der Universität Paderborn. Meine letzten, ich habe mich nach 12 Semestern verabschiedet. 75 Jahre ist dafür ein gutes Datum, fand ich.
Den geplanten 32 Bestrahlungen in Heidelberg bin ich aber dann wie durch ein Wunder „entkommen“. Ein Kontroll-MRT am 10. Januar nach unserem Ibiza-Weihnachtsurlaub ergab: Kein Wachstum, keine Bewegung, sie „schlafen“ die Tumore, wie das Prof. Debus so schön formulierte. Also Zeit gewonnen für die geplante Hüft-Op. Neun Tage später, Einpassieren im Klinikum Manhagen bei Hamburg. Mit ihren neun OP-Säalen, mit den rund 25 Ärzten, die dort alle im Akkord operieren. Ein Mammut-Unternehmen, mit 320 Betten. Orthopädie und Augenmedizin. Du fühlst dich dort als „Durchlaufposten“.
Jetzt will ich nicht jammern, aber ein Spaziergang ist das Einsetzen einer neuen Hüfte bei weitem nicht. Handvollweise Schmerzmittel halfen in der ersten Woche. Nach sieben Tagen auf zwei Krücken Entlassung, ein Tag Pause daheim in der Alten Landstraße und ab in den Zug gen München. Statt das von Manhagen geplante Malente jetzt in den Jägerwinkel. Freunde auf Ibiza haben mich vor der Reha in Malente gewarnt. Klaus war so lieb, mich auf der fünfeinhalb -stündigen Zugfahrt zu begleiten, Wie wunderbar, er ist eine echte Stütze, gerade auch in diesen Zeiten. In der Ersten Klasse ein Abteil für uns, der Fuß und die Hüfte hoch liegend, so kamen wir dann sehr relaxed am Münchner Hauptbahnhof an. Mein Sohn Poldi hat bei der Bahnhofsmission einen Rollstuhl und zwei hilfreiche junge Damen organisiert und so rollten wir, Klaus mit dem Rollkoffer, und ich im Rollstuhl, gemeinsam zu unserer Freundin Carolin. Das Wetter noch sonnig, kein Schneetreiben und kein Nebel. Die Fahrt in ihrem großräumigen BMW hinaus an den Tegernsee ein einziger Genuss. Und für mich einfach immer dieses wunderbare Gefühl von Heimat. Die liebe Freundin Carolin mit ihrem „Fahrservice“ ein echter Schatz. Die Sonne ging gerade unter, als wir in Bad Wiessee im Sanatorium Jägerwinkel ankamen. Corona-bedingt kein Eintritt für Gäste…also half mir ein freundlicher Herr mit meinem Koffer und zwei Rucksäcken hinauf ins Zimmer. Schnelle Umarmung von Carolin und Klaus und ab auf die „Stube“. Der verpflichtende aktuelle PCR-Test war per Fax auch gerade noch rechtzeitig angekommen, im Zimmer Blumen vom Haus, Blumen von Carolin in einer Vase und in einem Eimer im Auto mitgebracht. Alles rundum schön, herzlich und warm. Und ich habe sogar noch ein Essen bekommen. Kein Vergleich mit der Klinik Manhagen, wo die Patienten zu festen Zeiten einzeln mit viel Abstand an kargen Plastik-Tischen saßen, auf den anderen Stühlen überall das freundliche Schild „Sitzplatzverbot“. Keine Kantine könnte abweisender sein. Ganz zu schweigen vom meist kalten Essen. Aber das ist ja jetzt vorbei, und die guten Zeiten im Jägerwinkel beginnen.
Der Orthopäde, mit dem netten Namen „Heimlich“, hat sich mich und meine neue Titan-Hüfte dann gründlich angeschaut. Wohltuend, denn den Operateur dieses Eisenteils in Manhagen habe ich sage und schreibe nur ein einziges Mal gesehen… Aber hier in Bad Wiessee heißt es: alles im grünen Bereich, gut operiert. „Wir machen einen Plan mit Physiotherapie. Beinschiene, Lymphdrainage, dann sind Sie bald wieder fit.“ Aber schonen soll ich mich auch, nicht zu viel machen. Immerhin sind es jetzt erst 10 Tage nach der Operation. Ein guter Start. Und morgen ist Sonntag, heute viel Sonne über dem See und dem glitzernden Schnee. Vom Esstisch aus ein sehnsuchtsvoller Blick auf den Wallberg, den Setzberg. Die Erinnerungen, an die Abfahrten über den Starthang, den Erlenhang durch die Traverse hinüber zum Glaslhang und dann hinunter ins Kanonenrohr….ich bin dankbar, was ich alles erleben durfte. Eine glückliche Kindheit hier am See. Und nächste Woche dann mehr und weitere Geschichten aus dem Jägerwinkel, seinen Patienten und den Therapeuten.